Italien und die Schicksalswahl
Eurozone zittert vor BerlusconiMehr als 2 Billionen Euro Staatsschulden, ein sattes Minus von 2,2 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt und dann noch die längste Rezession seit 20 Jahren: Italien ist einer der großen Problemfälle der Eurozone. Umso wichtiger ist der Wahlausgang am Wochenende. Bleibt Monti oder kommt der "unfähige" Berlusconi zurück?
Dem fleißigen Expertenkabinett unter Regierungschef Mario Monti mag es gelungen sein, Italien einigermaßen glimpflich durch die Finanzkrise steuern. Harte Einschnitte bei den Renten und auf dem Arbeitsmarkt sowie Steuererhöhungen prägen die Regierungszeit. Doch Italiens Wir tschaft verharrt in der Rezession und ist höchst anfällig für politische Turbulenzen. Wer auch immer Italien nach den Wahlen am Sonntag und Montag regiert - er übernimmt ein Land mit 2 Billionen Euro Staatsschulden und einer Arbeitslosigkeit mit einer Quote von über 11 Prozent.
Das Wort des Wahlkampfs dürfte wohl "Spread" lauten - das ist der Abstand der Zinsen für italienische und deutsche Staatsanleihen. Vor zwei Jahren noch kaum einem Italiener bekannt, ist dieser Begriff zum Symbol für den Stand der heimischen Wirtschaft geworden. Seit Montis Amtsantritt im November 2011 verringerte sich dieser "Spread" um die Hälfte. Mit Unterstützung der Europäischen Zentralbank (EZB), dessen Präsident Mario Draghi verkündet hatte, "alles Notwendige zum Erhalt des Euro zu tun", und einem harten Kurswechsel nach seinem Vorgänger Silvio Berlusconi gelang es Monti, das Vertrauen der Märkte in Italien zurückzugewinnen.
Montis Regierung habe in "einer der schwierigsten Zeiten" der italienischen Republik agieren müssen, sagt Alberto Barcella, Chef des Arbeitgeberverbands Confindustria. "So gesehen hat sie es so gut getan, wie sie konnte", fuhr er vor allem mit Verweis auf Arbeitsmarkt- und Rentenreformen fort.
Jugendarbeitslosigkeit von fast 40 Prozent
Doch trotz der Bemühungen bleiben die wirtschaftlichen Fakten in der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone beunruhigend. Ende vergangenen Jahres stiegen die Staatsschulden erstmals auf mehr als 2 Billionen Euro. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) sank 2012 um 2,2 Prozent, die Wirtschaft steckt in ihrer längsten Rezession seit 20 Jahren, anderthalb Jahre sind es gemessen an den Quartalszahlen mittlerweile. Erst im Jahr 2014 wird wieder mit einem Wachstum von 1,1 Prozent gerechnet.
Einer Studie des Instituts Cerved zufolge mussten im vergangenen Jahr wegen der Krise rund 104.000 italienische Firmen schließen. Die Arbeitslosigkeit erreichte im Dezember einen Rekordstand von 11,2 Prozent. Unter den 15- bis 24-Jährigen lag sie gar bei 36,6 Prozent.
Warnung vor den "Unfähigen"
Italiens Wirtschaft ist vor allem von kleinen und mittelständischen Unternehmen geprägt und teilt sich in einen industriell recht starken Norden und einen ärmeren Süden. Starke Sparten des Landes sind Mode und Design, Möbel, Autos, die Landwirtschaft sowie die Metallbranche.
Eigentlich wollte sich der frühere EU-Kommissar Monti dem Wahlkampf für die Abstimmung am 24. und 25. Februar fernhalten - im Dezember dann änderte er seine Meinung und nun führt er eine im Zentrum angesiedelte Allianz an. Die "schweren Opfer, die die Italiener erbringen mussten", dürften nicht umsonst gewesen sein, begründete er seinen Elan und warnt seitdem die Wähler immer wieder davor, das Land nicht noch einmal den "Unfähigen" - etwa Berlusconi - anzuvertrauen.
Berlusconi gelang es zuletzt, in den Umfragen deutlich aufzuholen. Das schaffte er unter anderem mit Versprechen wie dem, den Italienern die von Monti im Bemühen um eine Sanierung der Staatsfinanzen eingeführte Immobiliensteuer wieder zurückzuzahlen. Der Ausgang der Wahl ist ungewiss. Für den Euro und die Bewältigung der Finanzkrise wäre nach Einschätzung von Experten allerdings eine Zusammenarbeit der knapp die Umfragen anführenden Sozialdemokraten mit Montis Allianz am besten.
Quelle:
http://www.teleboerse.de/nachrichten/do ... 58861.html